Stellungnahme der Deutschen Menopause Gesellschaft e. V.

Hormonsubstitution in Klimakterium und Postmenopause gegenwärtiger Erkenntnisstand

(November 2000)*

 Hintergrund

so genannte Sexualhormone -v.a. Östrogene und Androgene- haben eine essenzielle Funktion für die reproduktive Gesundheit von Frauen. Der Menstruationszyklus basiert auf der regelmäßigen, zyklischen Sekretion dieser Hormone aus den Follikeln der Ovarien, diese ist Voraussetzung für die Fortpflanzungsfähigkeit. Sexualhormone sind ebenfalls für die normale Funktion zahlreicher weiterer Organsysteme von Bedeutung. Ihre Sekretion vermindert sich allmählich bei Frauen im 4. Lebensjahrzehnt. Dies kann mit individuell sehr unterschiedlich ausgeprägten und empfundenen Beschwerden und Funktionseinschränkungen einhergehen, die sich nicht nur auf einsetzende Blutungsstörungen und so genannte klimakterische Beschwerden beschränken. Die permanente Einstellung der ovariellen Östradiolproduktion bei zunächst erhaltener Androgensynthese betrifft mittelbar auch andere Organe und zahlreiche metabolische Funktionen. Dieser ausnahmslose, fast vollständige funktionelle Ausfall eines endokrin aktiven Organs in der Lebensmitte der Frau hat kein Korrelat beim männlichen Geschlecht.

 

I. Definitionen

Die Menopause ist die letzte von den Ovarien kontrollierte Menstruation. Sie tritt bei der Hälfte der Frauen um das 50. Lebensjahr auf. Der Eintritt der Menopause vor dem 40. Lebensjahr wird als prämature Menopause bezeichnet.

Das Klimakterium –Wechseljahre- bezeichnet eine individuell unterschiedlich lange Übergangsphase, deren Kernelement der fortschreitende Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit auf dem Boden von Zyklusstörungen darstellt. So genannte Wechseljahrbeschwerden treten am häufigsten in dieser Lebensphase auf.

Die Postmenopause beschreibt den Zeitraum nach Eintritt der Menopause bis zum Lebensende hin und ist gekennzeichnet durch das permanente Ausbleiben der Menstruation. Der Begriff "Senium" für den spätpostmenopausalen Lebensabschnitt ist nicht allgemein üblich und hat kein der Menopause entsprechendes endokrinologisches Korrelat.

 

 

II. Symptomatik des Klimakteriums

Eine Verminderung der Östradiolproduktion der Ovarien kann mit folgenden Beschwerden und Veränderungen einhergehen:

 

Menstruationszyklus

Irreguläre Menstruationen in deutlich kürzeren und/oder längeren Intervallen verglichen mit dem bisherigen eher konstanten Rhythmus der Entzugsblutung, Veränderungen der Intensität und Dauer von Menstruationen. Erratische Phasen der relativen Hyperöstrogenämie bei zunehmender Corpus-luteum-Insuffizienz sind dafür verantwortlich.

Diese Veränderungen gehen überwiegend dem Eintritt der Menopause voran, können jedoch auch fehlen.

 

Vasomotorische Symptome

Diese sind so genannte Leitsymptome des Klimakteriums und treten bei der Mehrheit von Frauen im Klimakterium in unserem Kulturkreis auf. Östrogenmangel ist wesentlich in die ursächliche Entstehung von Hitzewallungen und damit oft gemeinsam auftretenden (nächtlichen) Schweißausbrüchen eingebunden. Diese Beschwerden können über Wochen bis Jahre in unterschiedlicher, wechselnder Intensität bestehen, jedoch auch fehlen, was aber eher selten vorkommt.

 

Psychische Symptome

Dazu können gehören: Antriebsarmut, körperliche und geistige Erschöpfung, innere Anspannung, Gefühl der inneren Leere, Beeinträchtigung der Konzentration und der Gedächtnisleistung, Stimmungsschwankungen, Nervosität, Reizbarkeit, depressive Gestimmtheit, Schlafstörungen.

Diese fakultativen Symptome werden auch bei anderen Befindlichkeitsstörungen und Erkrankungen beobachtet, bei Frauen und Männern unterschiedlichen Alters.

 

Körperliche Veränderungen

· Allmähliche Atrophisierung im Bereich der Haut, Schleimhäute und Unterhautfettgewebe von Scheide, Blase und Harnröhre. Diese Veränderungen sind ebenfalls individuell unterschiedlich ausgeprägt und können zu chronischen Erkrankungen und Funktionsverlust dieser Organe beitragen - Austrocknung der Scheide, Beschwerden bei sexueller Betätigung, Neigung zu Harnwegsentzündungen, unwillkürlicher Harndrang;

· Atrophisierung der Haut im Bereich des ganzen Körpers, Verminderung der Elastizität der Haut und des Unterhaut(fett)gewebes, analoge Veränderungen im Bereich der Schleimhäute von Mund, Augen und Nase;

· Veränderung der Körperbehaarung, fakultativ Haarausfall (Schamhaar, Achseln, Kopfhaut), fakultativ Haarwuchs im Bereich des Gesichts (Oberlippenbehaarung, seitliche Gesichtspartien);

· diffuse, wechselnde Gelenkbeschwerden und -schmerzen.

Diese Symptome finden sich ebenfalls bei Frauen und Männern unterschiedlichen Alters und nehmen bei beiden Geschlechtern altersabhängig zu.

 

 

III. Metaboische Veränderungen

Neben der benannten Symptomatik finden Umstellungen zahlreicher Stoffwechselvorgänge im Klimakterium statt. Diese sind nicht auf so genannte sexualhormonabhängige Organe, Ovarien, Uterus, äußeres Genitale beschränkt. Ergebnisse präklinischer und klinischer Forschung liegen insbesondere vor für:

 

Knochenstoffwechsel

Östrogenmangel geht mit beschleunigtem Knochenumsatz einher. Dieser kann über unterschiedlich lange Zeiträume andauern und wird mit der ursächlichen Entstehung der postmenopausalen Osteoporose -Knochenentkalkung- in Zusammenhang gebracht. Diese Form der Osteoporose manifestiert sich in erhöhter Knochenbrüchigkeit -vorzugsweise Wirbelkörper, Unterarm- und kann mit erheblichen Schmerzen und chronischer Behinderung einhergehen [1].

 

Kardiovaskuläres System

Östrogene sind neben anderen Hormonen und Zytokinen in den lokalen Stoffwechsel von Gefäßendothelien und den sie umgebenden Gefäßwänden eingebunden. Östrogene üben systemische Effekte auf Fettstoffwechsel, Hämostase und Fibrinolyse aus. Anhaltender Östrogenmangel ist einer von vielen endogenen Risikofaktoren für die Entwicklung einer Atherosklerose neben zahlreichen exogenen Faktoren, die in der Lebensführung begründet sind. Genomische und nichtgenomische Effekte von endogenen Östrogenen sind mit zahlreichen metabolischen Prozessen assoziiert; bei Östrogenmangel werden gefäßständige und systemische Veränderungen beschrieben, die für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen relevant sind [2].

 

 

IV. Indikationen einer Östrogen-/Gestagen-Substitution

Vorbemerkung

Jede postmenopausale Hormonsubstitution bedarf einer Indikation und deren gelegentlicher Überprüfung. Die Therapie ist an der individuell bestehenden klimakterischen Symptomatik ausgerichtet. Die präventive Indikation „Osteoporoseprophylaxe" sollte in den Entscheidungsfindungsprozess miteinbezogen werden. Regelmäßige gynäkologische Krebsfrüherkennungsuntersuchungen in mindestens jährlichen Abständen wie bei Frauen ohne Hormonsubstitution sollten durchgeführt werden. Durch regelmäßige klinische Überwachung können sowohl die Wirkung einer Substitution überprüft als auch etwaige Nebenwirkungen und Risiken behoben werden.

Die Anwendung von Östrogenen bewirkt in aller Regel eine endometriale Stimulation. Dieser physiologische Effekt kann auch bei Östriol als so genanntes schwach wirksames Östrogen bei chronischer Anwendung beobachtet werden. Zur Vermeidung einer Endometriumhyperplasie ist eine regelmäßige Anwendung eines Gestagens/Progesterons bei geplanter Östrogensubstitution indiziert. Diese Kombinationsbehandlung geht in aller Regel mit der Induktion bzw. Fortführung menstruationsähnlicher Entzugsblutungen einher. Bei Östrogenanwendung kann eine Größenzunahme des Uterus auftreten und das Wachstum von Myomen stimuliert werden; auch dies sind physiologische Effekte.

 

Unmittelbare therapeutische Indikation

· ist die Linderung von Wechseljahresbeschwerden.

 

Mittelbare präventive Indikationen

· Vorbeugung von Folgeerkrankungen, die unter Umständen erst mit erheblicher Latenz eintreten;

· Vorbeugung einer Atrophisierung des Genitale;

· Erhaltung der zur Zeit der Menopause bestehenden Knochenmasse, Verminderung des relativen Risikos für Knochenbrüche.

 

 

V. Kontraindikationen

Vorbemerkung

Die Beurteilung von Kontraindikationen ist einem steten Wandel in Abhängigkeit vom jeweiligen wissenschaftlichen Kenntnisstand unterworfen. Die Trennung in absolute und relative Kontraindikationen ist letztendlich willkürlich, da sie sich nicht stringent auf epidemiologische Daten und / oder kontrollierte Langzeitstudien stützen kann. Im Folgenden werden Kontraindikationen aufgeführt, bei denen ein weitgehender Konsens von nationalen und anderen europäischen Fachgesellschaften erkennbar ist:

· bestehende thromboembolische Erkrankungen;

· bestehende östrogenabhängige Karzinome: Mammakarzinom, Endometriumkarzinom;

· schwere, chronische Beeinträchtigung der Leberfunktion.

Zur etwaigen Behandlung von postmenopausalen Frauen nach Thrombose/Lungenembolie besteht kein Konsens. Gesicherte Erkenntnisse liegen nicht vor.

Zur etwaigen Behandlung mit Östrogenen/Gestagenen bei Frauen mit klimakterischen Beschwerden und Status nach abgeschlossener Therapie eines Mammakarzinoms besteht kein Konsens. Kleinere Beobachtungsstudien legen nahe, dass eine Hormonsubstitution die Prognose eines Mammakarzinoms offenbar nicht negativ beeinflusst. Sowohl gesicherte als auch allgemein anerkannte Erkenntnisse liegen nicht vor. Eine amerikanische Konsensusempfehlung lautet, auf systemisch wirksame Östrogene in dieser Situation bei Frauen mit klimakterischen Beschwerden zu verzichten [3]. Ergebnisse europäischer und amerikanischer Studien zur Hormonsubstitution bei postmenopausalen Frauen mit Mammakarzinomanamnese liegen noch nicht vor [4].

Zur etwaigen Therapie mit Östrogenen/Gestagenen bei Frauen mit klimakterischen Beschwerden und Status nach abgeschlossener Therapie eines Endometriumkarzinoms besteht ebenfalls kein Konsens. Weitere Ergebnisse amerikanischer Studien zur Hormonsubstitution bei postmenopausalen Frauen nach abgeschlossener Therapie eines Endometriumkarzinoms liegen noch nicht vor [4].

 

 

VI. Therapeutika

Östrogene zur postmenopausalen Hormonsubstitution

Östradiol in verschiedenen oralen und parenteralen Anwendungsformen, Östradiolvalerat, konjugierte equine Östrogene, veresterte Östrogene, Östriol oral und vaginal.

Die Linderung/Beseitigung von vasomotorischen Symptomen ist möglich mit Tagesdosen (Auswahl, Berücksichtigung derzeit zugelassener Präparate) von:

· 1 mg Östradiol(valerat) oral

· 0,5 mg Östradiol-Gel

· 25 µg Östradiol transdermal (Pflaster)

· 0,3 mg konjugierte equine Östrogene.

Zur Osteoporoseprophylaxe geeignete Östrogen-Tagesdosen mit maximalen Effekten auf die Knochendichte; vergleichende klinische Studien zeigen Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen Östrogendosis und Knochendichte bei:

· 2 mg Östradiol(valerat) oral

· 50 µg Östradiol transdermal (Pflaster)

· 0,625 mg konjugierten equinen Östrogenen.

Gestagene

Gestagene in verschiedenen, überwiegend oralen Anwendungsformen: Progesteronderivate, Nortestosteronderivate einschließlich Tibolon, Progesteron oral und vaginal.

Die Anwendung eines Gestagens dient der Induktion einer Entzugsblutung nach Stimulation des Endometriums durch exogene Östrogene. Die regelmäßige Anwendung eines Gestagens ist bei Frauen mit intaktem Uterus zur Vermeidung eines mit der alleinigen Östrogentherapie assoziierten erhöhten Risikos einer Endometriumhyperplasie und eines Endometriumkarzinoms essenziell. Bei Hysterektomie ist keine Gestagenanwendung erforderlich.

Tagesdosen einer Sequenztherapie unter Berücksichtigung derzeit zugelassener Östrogen-Gestagen-Kombinations-Präparate sind:

 

Progesteronderivate:

· 1 mg Cyproteronacetat oral

· 5 mg Medrogeston oral

· 5 mg Medroxyprogesteronacetat oral

Nortestosteron-Derivate:

· 75 µg Levonorgestrel oral

· 1 mg Norethisteronacetat oral

· 0,25 mg Norethisteronacetat transdermal

· 0,5 mg Norgestrel oral.

Tagesdosen einer kombiniert-kontinuierlichen Therapie unter Berücksichtigung derzeit zugelassener Östrogen-Gestagen-Kombinations-Präparate sind:

· 2,5 mg - 5 mg Medroxyprogesteronacetat

bei Tagesdosis von konjugierten equinen Östrogenen 0,625 mg

· 0,5 mg Norethisteronacetat
bei Tagesdosis von Östradiol 1mg

· 0,7 - 1 mg Norethisteronacetat
bei Tagesdosis von Östradiol 2mg.

Weitere Gestagene einschließlich Progesteron zur Kombination mit Östrogenen sind:

 

Progesteron und Progesteronderivate:

· 2 mg Chlormadinonacetat oral

· 10 mg Cyproteronacetat oral

· 10 mg Dydrogesteron oral

· 2,5 und 10 mg Medroxyprogesteronacetat oral

· 200 - 300 mg Progesteron oral.

Nortestosteronderivate

· 5 mg Lynestrenol

· 5 und 10 mg Norethisteronacetat oral.

 

Gestagen ohne Kombination mit einem Östrogen:

· 2,5 mg Tibolon.

 

Kombinationen von Östrogenen und Gestagenen

Es sind verschiedene Kombinationen verfügbar, die sich durch Länge der Therapiephase und/oder des behandlungsfreien Östrogenintervalls, Dosis, orale und parenterale Anwendungsformen der beiden Komponenten unterscheiden.

 

Parenterale Kombinationen von Östrogen und androgen aktiven Substanzen

· Östradiolvalerat und Prasteronenantat

· Östradiolvalerat und Testosteronenantat.

 

 

VII. Nebenwirkungen und Risiken

Vorbemerkung

Die den zugelassenen Präparaten beigefügten Arzneimittelinformationen in Deutschland zu „Nebenwirkungen" und „Risiken" sind nicht konsistent im Hinblick auf Erwähnung und gelegentlich angegebener Bewertung -Häufigkeit/Schweregrad- eines Symptoms/einer Erkrankung bei Östrogenpräparaten mit der gleichen Tagesdosis; analoge Ausführungen gelten für Gestagene.

Die nachfolgende Benennung von Nebenwirkungen und Risiken kann keine vollständige Auflistung sein; sie berücksichtigt v.a. Ergebnisse randomisierter, placebokontrollierter Studien mit mindestens 1-jähriger Laufzeit. Die Zuordnung zu eher östrogen- oder gestagenbedingten Nebenwirkungen schließt nicht aus, dass angegebene Wirkungen auch durch die jeweils andere Substanzklasse verursacht werden oder auch ohne Hormonanwendung auftreten können.

Neben den zu erwartenden Entzugsblutungen bei Östrogen-Gestagen-Anwendung können irreguläre Blutungen auftreten, die einer Ursachenklärung zum Ausschluss einer Endometriumhyperplasie bzw. eines Endometriumkarzinoms zugeführt werden sollten.

 

Zeichen einer relativen Östrogenüberdosierung

Brustspannungen, Übelkeit und Gewichtszunahme

Kommentar:

Brustspannungen können auch ohne Hormonanwendung auftreten, aber auch unter Hormonsubstitution verschwinden.

Mit zunehmendem Lebensalter findet sich bei postmenopausalen Frauen ein Gewichtsanstieg; eine aktuelle Meta-Analyse zeigt, dass eine Östrogensubstitution nicht mit einem zusätzlichen Gewichtsanstieg verbunden ist [5]. Der etwaige langfristige Einfluss einer Östrogen- bzw. Östrogen-Gestagen-Substitution auf die Körperfettverteilung konnte in dieser Analyse auf Grund der Datenlage nicht beurteilt werden.

 

Kopfschmerzen und Migräne

Kommentar:

Eine 3-jährige klinische Studie zeigt, dass Kopfschmerzen unter Substitution sowohl gebessert werden, gleich bleiben oder vermehrt auftreten können [6]. Bevölkerungsbezogene Beobachtungsstudien zu Migräne und HRT fehlen.

 

Blutdruckanstieg

Kommentar:

Mehrere kontrollierte klinische Studien zeigen, dass der systolische und diastolische Blutdruck bei Substitution unverändert bleibt oder gesenkt wird, u. a. die bereits erwähnte Studie [7].

 

Zeichen einer möglichen Gestagenintoleranz

Dazu zählen subjektive Beschwerden, die einem prämenstruellen Syndrom (PMS) ähneln: zyklisch auftretende Symptome wie Stimmungsschwankungen, Ödemneigung und Gewichtszunahme.

Kommentar:

Diese in zeitlicher Beziehung zur Gestagentherapie auftretenden Beschwerden sind bei Frauen mit anamnestischer PMS-Symptomatik unter Hormonsubstitution häufiger als bei Frauen ohne diese Vorgeschichte.

· Stimmungsschwankungen (ohne Östrogenanwendung) können im Vordergrund klimakterischer Beschwerden stehen.

· Stimmungsveränderungen können durch Östrogene und/oder Gestagene subjektiv sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden.

 

Risiken

Venöse Thromboembolie, Lungenembolie

Kommentar:

Das relative Risiko einer venösen Thrombose einschließlich Lungenembolie bei Hormonsubstitution beträgt etwa 2 - 3, das absolute Risiko beziffert sich auf 1 - 2 zusätzliche Diagnosen pro 10.000 Frauen, die pro Jahr eine Östrogensubstitution anwenden; die Hintergrundinzidenz bei Frauen vergleichbaren Alters ohne Hormonsubstitution ist etwa 1:10.000/Jahr [8-12]. Das relative Risiko einer venösen Thromboembolie scheint im ersten Behandlungsjahr größer zu sein als danach. Eine kontrollierte Studie zur sekundären Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen bei spätpostmenopausalen Frauen mit kardialen Vorerkrankungen und anderen zu Thrombose prädisponierenden anamnestischen Faktoren zeigte ein relatives Risiko von 3 in der Gruppe mit Hormonsubstitution im Vergleich zu Placebo [13]. Eine andere kontrollierte Studie bei kardiovaskulär als gesund eingestuften frühpostmenopausalen Frauen zeigte keinen Unterschied in der Inzidenz von Thromboembolien im Vergleich zur Placebogruppe [7].

Derzeit besteht kein Konsens hinsichtlich eines Thrombophilie-Screenings bei anamnestischer, familiärer Thrombose.

 

Cholelithiasis

Kommentar:

Die Häufigkeit einer Cholelithiasis war in einer Langzeitstudie im Vergleich zu Placebo nicht verschieden [7] und bei wesentlich älteren Frauen in einer Langzeitstudie erhöht [13].

 

Östrogenabhängige Tumoren: siehe VIII

 

 

VIII. Derzeitiger Stand der Nutzen-Risiko-Abwägung unter Berücksichtigung der Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen und kontrollierter klinischer Studien

Vasomotorische Symptome

Eine Östrogentherapie kann diese Beschwerden anhaltend beseitigen oder zumindest deutlich bessern. Die Länge der Therapie ist individuell zu entscheiden und wird maßgeblich von der subjektiven Symptomatik der Patientin bestimmt.

 

Psychische Symptome

Gerade die mit vasomotorischen Symptomen einhergehenden Beschwerden können auf eine Östrogentherapie ansprechen. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung von Stimmungsschwankungen und endogenen Depressionen ist eher seltener erforderlich. Die Diagnosestellung „endogene Depression" ist nicht häufiger bei Frauen im Klimakterium.

 

Körperliche Veränderungen

Eine anhaltende Östrogentherapie kann eine Atrophisierung der Scheide verhindern [14]. Eine Harninkontinenz kann subjektiv gebessert werden [15, 16]. Die Neigung zu Harnwegsinfekten auf dem Boden eines Östrogenmangels kann positiv beeinflusst werden [17].

 

Knochenstoffwechsel

Kontrollierte, klinische 1- und 2-Jahres-Studien bei Frauen in den ersten Jahren nach der Menopause zeigen, dass die Knochendichte im Bereich der Lendenwirbelkörper und des Unterarms, weniger im Bereich des Schenkelhalses, bei Anwendung verschiedener Hormonsubstitutionen zumindest erhalten bleibt, meistens leicht ansteigt. Eigenständige Effekte von Gestagenen in Kombination mit Östrogenen auf die Knochendichte konnten nicht nachgewiesen werden [18]. Östrogene können den bei postmenopausalen Frauen erhöhten Knochenumsatz, reflektiert durch Bestimmung von biochemischen Markern der Resorption und Formation, auf das Niveau des Knochenumsatzes bei prämenopausalen Frauen zurückführen.

Eine Meta-Analyse epidemiologischer Studien kommt zu dem Schluss, dass die Anwendung von Östrogenen das relative Risiko einer nichttraumatisch bedingten Oberschenkelhalsfraktur um 25% senkt, verglichen mit Frauen, die nie Östrogene nach der Menopause angewendet haben [19]. Designierte kontrollierte, klinische Studien zur Beurteilung der durch Östrogentherapie vermeidbaren Frakturen bei Frauen mit und ohne prävalente Frakturen liegen nicht vor. Die optimale Länge der Östrogenbehandlung zur Osteoporoseprophylaxe ist nicht gut charakterisiert, eine Behandlungsdauer von 5 - 10 Jahren wurde empfohlen [1]. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand nach Beendigung einer Östrogensubstitution [20] erhöht sich das relative Risiko für Frakturen.

 

Kardiovaskuläres System

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die mit Abstand relativ häufigste Todesursache postmenopausaler Frauen in Deutschland. Zahlreiche präklinische und klinische Studien untersuchen so genannte Surrogatmarker, denen im Zusammenhang mit der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen nach der Menopause eine Bedeutung beigemessen wird. Forschungsschwerpunkte sind derzeit die Aufklärung von lokalen und systemischen Mechanismen und Interaktionen, die zur Entstehung atherosklerotischer Veränderungen führen. Dazu gehören u. a. Marker der lokalen Inflammation, Mechanismen der Hämostase und Fibrinolyse, Veränderungen des Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsels und des Renin-Angiotensin-Systems. Verschiedene Anwendungsformen und Dosen definierter, exogener Östrogene und Gestagene üben in dieser Hinsicht unterschiedliche metabolische Effekte aus, deren differenzielle Bedeutung bei Langzeitanwendung derzeit unklar ist.

 

Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen

Beobachtungsstudien wie die amerikanische Nurses Health Study sowie viele Fall-Kontroll-Studien haben ganz überwiegend eine Verminderung des relativen Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen sowohl bei Östrogen- als auch bei Östrogen-Gestagen-Substitution gezeigt [21]. Hierbei ist zu beachten, dass diese Studien bei Frauen durchgeführt wurden, bei denen keine Diagnose einer Herzerkrankung vor Beginn einer Substitution bekannt war. Ergebnisse kontrollierter Interventionsstudien zur Beurteilung der spezifischen Effekte einer langfristigen Östrogensubstitution auf die Inzidenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei als kardiovaskulär gesund anzusehenden Frauen zu Beginn der Postmenopause liegen derzeit nicht vor. Diese werden vom Interventionsarm der Women’s Health Initiative erwartet, einer laufenden amerikanischen Studie mit geplanter 10-jähriger Dauer zur Beurteilung einer bestimmtem Form der Hormonsubstitution -konjugierte Östrogene 0,625 mg/Tag mit und ohne Gestagengabe (Medroxyprogesteronacetat 2,5 mg/Tag kontinuierlich)- bei etwa 27.500 Frauen im Hinblick auf die Inzidenz von Herzerkrankungen im Vergleich zu Placebo [22].

 

Sekundärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen

Zwei kontrollierte amerikanische 3- und 4-Jahres-Studien können derzeit zur weiteren Beurteilung herangezogen werden. In der „Heart and Estrogen/Progestin Replacement Study", einer prospektiven, randomisierten, doppel-blind durchgeführten, placebokontrollierten Studie zur Evaluierung einer kombiniert-kontinuierlichen Substitution (konjugierte equine Östrogene 0,625mg und Medroxyprogesteronacetat 2,5 mg/Tag), wurde die Häufigkeit definierter kardiovaskulärer Erkrankungen bei Frauen mit schon bestehenden kardiovaskulären Vorerkrankungen untersucht. Die Studienteilnehmerinnen (n = 2.763) waren wesentlich älter als die in Beobachtungsstudien zur Primärprävention erfassten Frauen. Nach 4 Jahren ergab sich global kein Unterschied in der Anzahl von kardiovaskulären Erkrankungen mit fatalem Ausgang in beiden Gruppen. Die Ergebnisse zeigten, dass die fatalen kardiovaskulären Neuerkrankungen in der Hormongruppe vermehrt zu Beginn der Studie auftraten und sich mit zunehmender Dauer der Behandlung verringerten, dieser Trend war im Vergleich zur Placebogruppe signifikant. Die Hormonsubstitution senkte die LDL- und erhöhte die HDL-Cholesterin-Konzentration im Verlauf der Behandlung [13].

Eine vergleichsweise kleine klinische Studie bei spätpostmenopausalen Frauen mit angiografisch verifizierter Arteriosklerose (n = 309; Estrogen Replacement and Arteriosclerosis Trial), ebenfalls prospektiv, randomisiert, doppel-blind, placebokontrolliert, untersuchte die Auswirkung von konjugierten equinen Östrogenen 0,625 mg/Tag, mit oder ohne Medroxyprogesteronacetat 2,5mg/Tag auf die Größe arteriosklerotischer Plaques. Diese Studie fand nach gut drei Jahren keine Veränderung des Durchmessers verschiedener Koronargefäßabschnitte in den beiden Gruppen mit Hormonsubstitution verglichen mit der Placebogruppe. Die Anzahl neuer kardiovaskulärer Erkrankungen war in allen drei Gruppen vergleichbar [23].

Somit gibt es derzeit keine hinreichenden Daten aus kontrollierten prospektiven Studien, die das vorgeschlagene Konzept einer Sekundärprävention der koronaren Herzerkrankung mit Östrogenen unterstützen würden.

 

Mammakarzinom

Eine umfassende Re-Analyse und Bewertung weltweit durchgeführter epidemiologischer Studien kommt zu dem Schluss, dass eine langfristige Östrogen- und Östrogen-Gestagensubstitution mit einer Erhöhung der Diagnosewahrscheinlichkeit von Mammakarzinomen assoziiert ist. Diese Analyse basiert auf 53.865 postmenopausalen Frauen mit bekanntem Menopausealter; 33 % dieses Kollektivs hatten zu unterschiedlichen Zeitpunkten Hormonsubstitutionen angewendet. Bei einer Minderheit von 39 % der Studienpopulation war die Zusammensetzung der Hormonpräparate bekannt. Spezifische Informationen zu definierten Präparaten/Kombinationen waren spärlich. 80 % der postmenopausalen Frauen waren mit Östrogen-Monopräparaten, meistens verschiedenen Dosen konjugierter equiner Östrogene, behandelt worden. 12 % der Frauen waren mit Östrogen-Gestagen-Kombinationen behandelt worden.

Eine bestehende Östrogenanwendung erhöhte das relative Risiko der Diagnosewahrscheinlichkeit von Brustkrebs um den Faktor 1.023 pro Jahr Anwendung. Bei Frauen, die Östrogene mindestens 5 Jahre, im Durchschnitt 11 Jahre anwendeten, betrug dieses relative Risiko 1,35. Zur Berechnung der kumulativen Mammakarzinominzidenz bei postmenopausalen Frauen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren wurden die Inzidenzen aus Großbritannien und den USA aus der Mitte der 80er-Jahre herangezogen. Auf Grund dieses biostatistischen Modells wurde ein altersabhängiger Anstieg der kumulativen Inzidenz des Mammakarzinoms bei Frauen ohne und mit Hormonanwendung errechnet. Zwischen dem 50. und dem 70.Lebensjahr kommt es zu einem Anstieg der Inzidenz von 18 pro 1.000 Frauen auf 63 pro 1.000. In diesem Modell kommt es bei angenommenem Substitutionsbeginn im 50. Lebensjahr nach 5-jähriger Hormonanwendung zu einem Anstieg der Inzidenz auf 65 pro 1.000 Frauen; die entsprechenden Zahlen betragen nach 10 und 15 Jahren 69 pro 1.000 und 75 pro 1.000 Frauen. Damit ergibt sich ein zusätzlicher Anstieg der Inzidenzen um 2, 6 beziehungsweise 12 Mammakarzinome pro jeweils 1.000 Frauen nach 5-, 10- und 15-jähriger Substitution. Nach Beendigung einer Hormonsubstitution mit einer Latenz von mindestens 5 Jahren war kein erhöhtes relatives Risiko nachweisbar. Das relative Risiko schien bei Frauen mit geringerem Body Mass Index (BMI) höher als bei denen mit größerem BMI zu sein [24].

Möglicherweise beeinflusst eine Östrogen-Gestagen-Therapie im Vergleich zu Östrogen-Monotherapien diese Diagnosewahrscheinlichkeit in größerem Maß [25-27]. Ob, und wenn ja, warum offenbar verschiedene Diagnosewahrscheinlichkeiten bei histologisch unterschiedlichen Mammakarzinomen in Zusammenhang mit einer Hormonsubstitution bestehen, ist Gegenstand einer aktuellen Diskussion [28, 29]. Aus diesen Fall-Kontroll- und Kohortenstudien liegen keine Daten vor, ob mammographisch erkennbare, quantitativ unterschiedliche Dichtezunahmen des Brustdrüsengewebes der unterschiedlichen Diagnosewahrscheinlichkeit von Brustkrebs zugrundeliegen könnten, wie andere Studien nahe legen [30-33]. Derzeit gibt es keine ausreichenden Hinweise, ob quantitative Unterschiede in der Diagnosewahrscheinlichkeit für Brustkrebs zwischen verschiedenen Gestagenen, insbesondere zwischen Progesteron- und Nortestosteronderivaten, bestehen [34].

Mehrere Beobachtungsstudien [35-43] mit Ausnahme zweier Untersuchungen [44, 45] zeigen, dass die Gesamtmortalität von Frauen mit Brustkrebs bei bestehender Hormonsubstitution eher geringer ist verglichen mit nicht hormonell behandelten postmenopausalen Frauen.

Im Rahmen des Interventionsarms der Women’s Health Initiative, primär geplant zur Beurteilung der Neuinzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen bei Frauen mit und ohne Substitution, wird die Inzidenz von östrogenabhängigen Karzinomen einschließlich der des Mammakarzinoms prospektiv erfasst. Ergebnisse werden nicht vor 2007 erwartet.

Derzeit gibt es keine verlässlichen, systematisch erfassten und allgemein akzeptierten Daten, wie viele der etwa 47.000 Frauen, die pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland an einem Mammakarzinom erkranken, eine Hormonsubstitution zum Zeitpunkt der Diagnosestellung durchführen oder in der Vergangenheit durchgeführt hatten.

 

Endometriumkarzinom

Die regelmäßige Anwendung eines Gestagens ist bei Frauen mit intaktem Uterus zur Vermeidung eines mit der alleinigen Östrogentherapie assoziierten erhöhten Risikos einer Endometriumhyperplasie und eines Endometriumkarzinoms essenziell. Die Wahrscheinlichkeit, eine mögliche Endometriumhyperplasie bei alleiniger Östrogentherapie zu verhindern, ist am größten bei Anwendung einer sequenziellen, monatlichen Gestagenanwendung für 12 Tage, wie eine Meta-Analyse kontrollierter klinischer Studien zeigt. Die tägliche, kombiniert-kontinuierliche Anwendung eines Östrogens und eines Gestagens ist dieser Behandlungsform mindestens ebenbürtig. Die Anwendung eines Gestagens in dreimonatigen Abständen scheint zu einer höheren Inzidenz von Hyperplasien verglichen mit der monatlichen, sequenziellen Gestagengabe zu führen. Studien zu Tibolon sind in dieser Meta-Analyse nicht enthalten [46]. Die Anwendung oralen Östriols ohne Gestagenanwendung scheint auch mit einer Erhöhung des relativen Risikos eines Endometriumkarzinoms einherzugehen [47].

 

Kolorektale Karzinome

Epidemiologische Studien legen nahe, dass die Anwendung einer Hormonsubstitution mit einer Verminderung des relativen Risikos verbunden ist [48, 49]. Kolonkarzinome stellen die zweithäufigste Ursache in der Statistik der Sterbefälle in der Gruppe bösartige Neubildungen der Bevölkerungsstatistik der Bundesrepublik Deutschland dar.

 

Ovarialkarzinom

Das Risiko der Entwicklung eines im Vergleich zu Mamma-, Endometrium- und Kolonkarzinom relativ seltenen Ovarialkarzinoms bei Hormonsubstitution ist unverändert oder möglicherweise erhöht [50-52]; erheblich kleinere Fallzahlen im Vergleich zu den verfügbaren epidemiologischen Studien bei Mammakarzinom und Kolonkarzinom sollten bei der Bewertung der vorliegenden inkonsistenten Daten berücksichtigt werden.

 

 

IX. Forschungsbedarf zu Indikationen einer Hormonsubstitution

Knochenstoffwechsel

Eine Frakturstudie zur Ermittlung der Inzidenz neuer Frakturen bei Frauen mit bestehender Osteopenie und/oder prävalenten Frakturen scheint sinnvoll, um die Wertigkeit der Östrogentherapie im Vergleich mit anderen antiresorptiv wirkenden Substanzklassen wie Bisphosfonaten und selektiven Östrogenrezeptormodulatoren wie Raloxifen vergleichend beurteilen zu können [53].

Ausreichende Daten zur Beurteilung etwaiger Zusammenhänge zwischen Hormonsubstitution und Osteoarthritis beziehungsweise rheumatoider Arthritis liegen derzeit nicht vor [54].

 

Optimierung der Substitution bei Frauen mit primärer Ovarialinsuffizienz und vollständigem Verlust der Ovarien

Bei Frauen mit primärer Ovarialinsuffizienz wie beim Turner Syndrom besteht auch ein relativer Androgenmangel. Spezielle Konzepte zur Behandlung dieser Gruppe von Patientinnen, bei denen in aller Regel keine endogene, zyklische Ovarialfunktion jemals bestanden hat, fehlen.

Bei Frauen mit bilateraler Ovarektomie und Frauen mit frühzeitiger Menopause nach Chemotherapie und/oder Radiatio gelten analoge Überlegungen.

 

Zusätzlicher Forschungsbedarf zu nicht indikationsbezogenen Vorteilen, Nebenwirkungen und Risiken einer Hormonsubstitution

Zentrales Nervensystem - M. Alzheimer

Epidemiologische Daten zeigen eine Reduktion des relativen Risikos an der Demenz vom Typ M. Alzheimer zu erkranken [55]; erste kontrollierte klinische Studien mit 3-monatiger bzw. 12-monatiger Laufzeit bei postmenopausalen Frauen mit leichten bis mittelgradigen Symptomen dieser Erkrankung konnten keinen positiven Effekt einer Östrogentherapie auf die kognitive Funktion zeigen [56, 57]. Die Häufigkeit des M. Alzheimer wird auch im Rahmen der Women’s Health Initiative evaluiert.

 

Kognitive Leistungsfähigkeit

Hier besteht ebenfalls eine Diskrepanz zwischen epidemiologischen Daten und kontrollierten klinischen Studien [55, 58, 59]. Weiterführende kontrollierte klinische Studien sollten u. a. validierte Testinstrumentarien benutzen sowie die Existenz depressiver Symptomatik und/oder vasomotorischer klimakterischer Beschwerden bei postmenopausalen Frauen bei der Analyse der definierten Studienziele berücksichtigen.

 

Sexualität

Eine kausale Beziehung zwischen der Einstellung der zyklischen Östradiolsynthese und der sexuellen Aktivität und Erlebnisfähigkeit postmenopausaler Frauen mit natürlicher Menopause wird im Allgemeinen verneint. Allerdings sind Effekte des menopausalen Östrogenentzugs und die etwaigen Wirkungen definierter Hormonsubstitutionen kaum systematisch untersucht. Der bei bilateral ovarektomierten Frauen akut eintretende Entzug der ovariellen Östrogen- und Androgensekretion scheint verglichen mit Frauen mit natürlicher Menopause eher zu Libidoverlust und Einschränkung der sexuellen Betätigung zu führen. Das Problem der Konstruktvalidität zur Beschreibung und Erfassung von (Veränderungen der) Sexualität stellt ein nicht hinreichend gelöstes methodisches Problem dar, neben der bisherigen weit gehenden Tabuisierung dieses Lebensbereichs als anerkanntes Gebiet humanmedizinischer, klinischer Forschung.

Allgemein anerkannte, für deutsche Frauen der entsprechenden Altersgruppe hinreichend validierte Instrumentarien fehlen. Kontrollierte klinische Studien deren präspezifizierte Endpunkte die Erfassung des sexuellen Verhaltens und Erlebens sind, dürften sehr schwierig zu planen und durchzuführen sein. Interventionsstudien zunächst bei Frauen mit vollständigem Ausfall der ovariellen Östrogen- und Androgensekretion könnten hier sinnvoll sein.

 

Postmenopausale Frauen mit chronischen Erkrankungen

Die Vorteile und Risiken einer Hormonsubstitution sind u.a. nicht hinreichend charakterisiert bei postmenopausalen Frauen mit Diabetes mellitus oder Hypertonie.

 

 

Namen der Autoren:

Prof. Dr. med. Martina Dören

für den Vorstand der Deutschen Menopause Gesellschaft

Prof. Dr. med. Thomas von Holst/ Heidelberg; Präsident

Prof. Dr. med. Wolfgang Distler/ Dresden; Vizepräsident

Prof. Dr. med. Martina Dören/ Berlin; Sekretär

Prof. Dr. med. Dieter Felsenberg/ Berlin; Schatzmeister

Dr. phil. Beate Schultz-Zehden/ Berlin;

Prof. Dr. med. Alfred Wolf/Ulm;

Prof. Dr. med. Thomas Römer/ Köln

 

 

Korrespondenzadresse:

Univ.-Prof. Dr. med. Martina Dören

Freie Universität Berlin

Klinisches Forschungszentrum

Frauengesundheit

D-12203 Berlin, Klingsorstr. 109

eMail: doeren@ukbf.fu-berlin.de

 

 

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*) Anmerkung:

Dieser Beitrag wurde erstpubliziert in Journal für Menopause Suppl. 1/2000. Der Nachabdruck in AKODH-intern erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch die Verfasserin und durch KRAUSE & PACHERNEGG GmbH, Verlag für Medizin und Wirtschaft, Graz, Österreich.